Barfuss durch Deutschland

www.barfussdeutschland.de Prof h.c Frank Jester (Arzt, Zahnarzt und Buchautor) auf großer Deutschland Tour


1. Tourverlauf
Die Tour geht langsamer als gedacht voran, das liegt zum einen daran, dass mein Körper sich erst einmal daran zu gewöhnen hat, sich den ganzen Tag über zu bewegen und zum anderen an den teilweise steinigen Untergründen, die meinen Schritt aus Vorsichtsgründen verlangsamen. So gestaltet sich die tägliche Gehstrecke teilweise recht mühsam.
Die Füße haben erstaunlicherweise die bisherige Strecke sehr gut durchgehalten. Ein Splitter, eine Wunde durch einen stechenden Gegenstand und seit heute eine Schnittwunde im großen Zeh sind eine, wie ich finde, sehr gute Bilanz. 
Auf die kleine Stichwunde habe ich kurzfristig ein kleines Blasenpflaster geklebt, welches zwar half, aber nicht lange hielt. Gegen die Schmerzen, z.B. durch Rollsplitt auf frisch geteerten Straßen bleibt nur „Zehen zusammenreißen“.

2. Strecke
Stand derzeit: ca. 30 km vor Bebra auf Höhe von Hessisch-Lichtenau. 
302 km bisher.
Der Streckenverlauf ist: Bebra, Dittlofrod, Fulda, Bad Brückenau, Gauaschach, Würzburg, Röttingen, Rot am See, Ellwangen, Königsbronn, Nerenstetten, Donaustetten, Biberach an der Riss, Baienfurt, Friedrichshafen.
Ursprünglich hatte ich vier einzelne Tage Pause eingeplant (die jeweiligen Sonntage), da ich aber noch unverschiebliche Verpflichtungen zu Vorträgen hatte, wurde daraus eine dreitägige und eine eintägige Pause. (11-13 und am 19.09.2015)

3. Schön / weniger schön
Die gesamte bisherige Tour war so schön, dass ich sie jetzt schon nicht missen möchte. Herausragend war landschaftlich die Lüneburger Heide und die Altstadt von Celle und Hildesheim. Am besten waren jedoch die oftmals spontanen Kontakte mit den Menschen unterwegs. Sehr leicht kommt man über die nackten Füße ins Gespräch und jedes Mal wurde über das ein oder andere Erlebnis in diesem Zusammenhang gelacht (z.B. hatte eine ältere Dame in der Kindheit ihre Füße in Kuhbatzen gewärmt). Erheiterung und Fröhlichkeit spürte ich stets in meinem Gegenüber. Ein Freund schrieb mir zu Beginn der Tour eine Mail: „Die Bestimmung einer Reise erfährt der Reisende erst während der Reise.“ Dieses ließ mich viel nachdenken (die Zeit dafür hat man ja unterwegs). Ursprünglich glaubte ich, dass meine Botschaft „Mehr Bewegung für mehr Geh-sundheit!“ die Bestimmung sei. Jetzt glaube ich jedoch, sie ist eine andere und zwar, die Menschen an Ihr eigenes Selbst zu erinnern. Vielfach erlebte ich in Gesprächen, dass die Leute sich sehr gerne an ihre Kindheit erinnerten, wo sie selbst noch viel barfuß liefen (wenn es von den Eltern erlaubt wurde, war endlich Sommer; barfuß durch Pfützen springen etc.). Auch Urlaube werden erinnert.
Nicht so schön war ein Tag, wo ich glaubte, die Tour abbrechen zu müssen. Kilometerweit ging ich über Rollsplitt. Die Füße wirkten danach wie ausgepeitscht, so dass jeder weitere Schritt ungemein schmerzte. Hinzu kam eine Verletzung vom Vortag, in die jedes kleine spitze Rollsplittsteinchen wie heißes Öl in der Wunde wirkte. Aber es besserte sich…

4. Gepäck
Gepäck habe ich keines. Alles, was ich brauche ist in den Hosentaschen. Ein Begleitfahrzeug oder einen Rucksack gibt es nicht. Bekleidung oder Salben wird in Hotels geschickt.

5. Unterstützung
Unterstützung habe ich riesige. Meine Familie kam am fünften Tag in das Hotel in Lehrte. Meine Ehefrau wird Pakete mit frischer Wäsche an Hotels schicken. Freunde gehen ein Stück mit. Ein anderer Freund kam 40 km angefahren, um mir Pflaster und Trinken zu liefern, da die Apotheken geschlossen hatten. Carlos pflegt die Webseite, Thorsten macht das Backoffice, mein Bruder Arno nimmt Kontakt mit der Presse auf.

6. Barfuß für andere
Ich glaube nicht, dass JEDER mehr barfuß laufen sollte. Es gibt Fußkrankheiten, die es verbieten. Dazu gehört die diabetische Polyneuropathie mit dem Endstadium des diabetischen Fußes. Aber Kerngesunde würden davon profitieren. Mein Ansinnen ist jedoch nicht, die Leser zu mehr Barfußlaufen zu animieren, sondern sich schlichtweg mehr zu bewegen, eine dreiviertel Stunde pro Tag regelmäßig an frischer Luft kann so manche Krankheit reduzieren oder verhindern. Wer dennoch gerne barfuß laufen möchte, sollte zuerst im heimischen Garten und anschließen in einem der vielen Barfußparks probieren, wie es ihm bekommt. Die zusätzlichen vielen Eindrücke (warm, kalt, trocken, feucht, nass, Holz, Sand, Stein, Asphalt, Beton usw.) wollen erst einmal vom Gehirn verarbeitet werden. Wer es aber eine Weile draußen gemacht hat, wird merken, dass die Füße insgesamt wärmer werden und die Durchblutung gesteigert wird. Dadurch friert man nicht mehr so leicht. Abgesehen davon wird das Herz-Kreislauf-System unterstützt.

7. Schönstes / Aufraffen
Das Schönste am Laufen ist, dass es scheinbar fröhlich macht. So erwischte ich mich dabei, wie ich Wanderlieder vor mich her sang. Trotz teilweise ungünstigem Untergrund wirke ich auf die Menschen glücklich und zufrieden. Das überträgt sich und so lachen wir nach kurzen Wortwechseln in geselliger Runde, bis meine Weiterreise ruft. Da ich die Menschen berühren möchte und ihnen einen Moment schenken will, an sich zu denken, biete ich fast jedem sofort das „Du“ an. Eine Geste, die vom Radfahrer bis zum Bürgermeister gerne angenommen wird.
Ist das Wunderwerk Mensch erst einmal am Gehen, scheint sämtliche Motorik darauf eingestellt zu sein. Eine längerfristige Pause lässt die Glieder erlahmen und so braucht es eine gewisse Zeit, diese wieder in Bewegung zu versetzten. Das ist oft mühsam und kostet Kraft. Doch nach den ersten zwei Kilometern ist das schon Schnee von gestern und es geht sich wieder gewohnt leicht. Die Füße lieben die Entspannung und ich habe großen Respekt gewonnen vor den Menschen, die berufsbedingt den ganzen Tag auf den Füßen sind. So kommt es schon einmal vor, dass die Füße sich lieber noch einmal umdrehen möchten, wenn der Wecker geklingelt hat. 

8. Büroarbeit 
Wenn die Tagesetappe einmal über dreißig Kilometer war, ist meine Ankunft im angepeilten Hotel oft in den späten Abendstunden. Sämtliche Hotels haben die Übernachtung für diese gute Sache übrigens gesponsert. Dann fällt es natürlich äußerst schwer, den Blog zu schreiben und Mails sowie SMS zu beantworten. Aber das gehört nun mal dazu.

9. Vorfreude am Ziel
Auf meine Familie.

10. Vorbereitungen
Die Vorbereitungen liefen zwei Monate. Seit dem 01.07.2015 gehe ich überall barfuß hin und habe jeden Tag meine Gehstrecke erhöht, bis ich auf 29 km kam. Da wußte ich, du wirst auch über 30 km auf der Tour schaffen. Ein anderer Punkt war das Kribbeln und Jucken in den Fußballen. Zeigte es mir doch, dass ein Umbauprozess statt gefunden hat und sich das Bindegewebe verhärtet haben muss. So war es dann auch.

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